Sie geben den Takt an!

Lange Zeit gaben Männer in der (klassischen) Musik den Ton und Takt an, obwohl es immer schon Frauen gegeben hat, die bedeutsame Musik gemacht haben. Ob gespielt, komponiert, oder dirigiert –  auch im Bereich der Musik mussten Frauen strukturell aufholen.

So wurden für Orchester in den USA seit den 1970ern „Blind Auditions“ eingeführt, um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der Hautfarbe auszuschließen. Diese Vorgehensweise wurde dann auch von deutschen Orchestern übernommen. Heute sind 39,6 % der Orchestermitglieder in deutschen Berufsorchestern Frauen, wie es die Analyse des deutschen Musikinformationszentrums (MIZ) von 2020 ergab, die sich mit den Mitgliedern der 129 öffentlich finanzierten Berufsorchester in Deutschland befasste (siehe Geschlechterverteilung in deutschen Berufsorchestern | miz.org). Und auch 2022/23 waren knapp 40 % der Studierenden im Fach „Dirigieren“ weiblich (siehe Studierende in Studiengängen für Musikberufe – nach Geschlecht | miz.org). Im Januar 2024 verkündeten die Bayreuther Festspiele, dass dort erstmals mehr Dirigentinnen als Dirigenten am Pult stehen werden.

Der Weg dahin war voller Hindernisse, wie die aktuellen Filme der Filmreihe „Starke Frauen“ im Uetersener Burg Kino 2024 zeigen. Während Antonia Brico (1902-1989) aus dem Film „Die Dirigentin“ als eine der ersten Dirigentinnen der Welt gilt, zeigen die beiden Schwestern in „Divertimento“, das auch intersektionale Diskriminierung in der Musik den Frauen zu schaffen machen kann. Beide Frauen haben ein neues Orchester gegründet, um dirigieren zu können.

Ende gut alles gut?! Noch nicht ganz: Trotz solch positiver Entwicklungen beobachten wir hier die gleichen Verteilungen wie auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Je höher eine Position im Orchester, desto weniger Musikerinnen gibt es auf diesen. Von allen 129 Berufsorchestern in Deutschland haben derzeit nur 4 eine Dirigentin (Dirigentin werden – Frauen erobern eine Männerdomäne | NDR.de)

Auch andere Zahlen der Musikbranche sind bemerkenswert: Die Malisa-Stiftung hat 2022 die Ergebnisse einer umfangreichen Studie zu den Geschlechterverhältnissen in Charts, Urheberrechten und auf Festivalbühnen zwischen 2010-2019 veröffentlicht (siehe Analyse Gender in Musik │ malisastiftung.org). Sie ergab, dass die Musik in den deutschen Wochencharts zu mehr als 85% von Männern komponiert wird und auf den Festivalbühnen bleibt die Beteiligung von Musikerinnen im beobachteten Zeitraum im Schnitt bei unter 10%. Eine kleine Steigerung des Frauenanteils von 5% zwischen 2010 und 2019 konnte beobachtet werden.

„Höchste Zeit also, den starken Frauen in der Musikszene Platz zu machen“, finden die Organisatorinnen der Filmreihe. Die Filmreihe „Starke Frauen“ gibt es seit 2015. Sie widmet sich der Geschichte und dem Einfluss von Frauen in verschiedenen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft. Neben den bereits genannten Filmen wird 2024 „Bettina“ gezeigt, ein Filmporträt der Lyrikerin und Liedermacherin Bettina Wegner aus dem Jahr 2022.

Und was wir oder ihr sonst noch auf kommunaler Ebene für Musikerinnen tun können?

  • Sie für Förderungen und Preise vorschlagen und diese paritätisch vergeben und/oder
  • im Bühnenprogramm auf die Vielseitigkeit der Geschlechter achten.

Du willst noch mehr über das Thema lesen? Dann haben wir hier noch einige Leseempfehlungen für dich:
* Und sie spielten, sangen, komponierten und dirigierten doch: Die lange verschwiegenen Frauen in der Musik! | Digitales Deutsches Frauenarchiv (digitales-deutsches-frauenarchiv.de)
* Vom Schweigen befreit? Feministische Konzertreihen nach 1945 bis heute | Digitales Deutsches Frauenarchiv (digitales-deutsches-frauenarchiv.de)
* Musikerinnen: Gleichberechtigung im Orchester? | Bayerischer Rundfunk (br-klassik.de)

Ein Beitrag von Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen